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Mittwoch, 20. März 2013

Ein neues Korsett und ein Jahr älter


Hallo ihr Lieben,

nach laaanger Zeit gibt's heute mal wieder einen neuen Post. Und einiges zu erzählen. Als erstes habe ich die Ehre zu verkünden, dass mein Blog jetzt 14.000 Aufrufe geknackt hat. Ein großes Danke an all meine fleißigen Leser! Ihr gebt mir die Motivation, weiter zu machen und nicht aufzugeben!

Zweitens: Ich habe jetzt seit genau zwei Wochen mein neues Korsett.
Am Dienstag, dem 5. März, hatte ich um 15 Uhr den Termin bei cctec, also holte mich mein Vater von der Schule ab und wir fuhren nach Berlin-Tegel.
Ich erwartete einen Keller und hin- und herhetzende Orthopädietechniker in weißen Kitteln wie in unserem Krankenhaus. Doch meine Vermutung bestätigte sich nicht. Beim Hereinkommen ertönte ein Läuten, und auf der Anmeldungs-Theke standen Schüsseln mit Gummibärchen und Schokolade. Die Korsettfirma lag im Erdgeschoss und erinnerte mich von der Einrichtung her eher an ein Friseursalon oder Kosmetikstudio als an eine Orthopädie.
Nachdem wir registriert wurden, ließen mein Vater und ich uns auf den gepolsterten Sesseln im Wartebereich nieder und schnappten uns beide eine der Zeitschriften, die dort auf den Tischchen verstreut lagen. Die Atmosphäre war sehr entspannt, anders als im Helios Klinikum, wo es immer ziemlich gehetzt zugeht. Die Wände waren statt hellgelb in den Farben orange-lila-weiß gestrichen, an einer hing ein Fernsehbildschirm, auf dem die aktuellen Charts und die dazugehörigen Musikvideos abgespielt wurden.

Schließlich wurde ich von einer netten blonden Frau aufgerufen, die mir ziemlich bekannt vorkam, meinem Vater ebenfalls. Wie sich herausstellte, hatte sie früher in der Orthopädie vom Helios gearbeitet und war jetzt nach Tegel gewechselt. Sie führte uns an einer Graffiti-Attrappe vorbei und einen kleinen Gang entlang in einen Raum, in dem der Rohling meines neuen Korsetts liegen sollte. Und... er hatte kein Zebramuster, sondern war weiß wie mein letztes. Das Muster hatte es wohl nicht mehr gegeben. Ich war leicht enttäuscht, denn ich hatte mir schon einen geeigneten Namen für meinen neuen Panzer überlegt: Marty, wie das Zebra von Madagascar. Dazu muss man sagen, dass ein weißes Korsett jedoch eindeutig mehr Vorteile hat, da es nicht so unter Kleidung durchscheint wie ein dunkles oder farbiges, auch wenn es ganz witzig gewesen wäre. Von daher war es wohl besser so und der Frust bei mir nicht allzu groß. Bei meinen Freundinnen jedoch umso mehr, die sich alle schon auf meinen neuen, schwarz-weißen Begleiter gefreut hatten. Wir nennen es jetzt scherzhafter Weise "Marty ohne Streifen", "Albinozebra" oder "Snow White, die Zweite".

Die Korsettbäuerin... äh -bauerin ;) half mir beim Anziehen des Rohlings. Er war ziemlich groß und hatte weder Schnallen noch Pelotten. Auf ihm klebte lediglich ein Tesastreifen, auf dem mein Name (leider etwas falsch) geschrieben stand. Nachdem ich es angezogen hatte, sollte ich mich damit auf die Liege dort legen. Ich wurde erstmal zugetaped bzw das Korsett mit großen Klebestreifen so befestigt, dass die beiden Seiten überlappten. Ich versuche mühsam aufzustehen und das Plastik drückte  unangenehm, vor allem auf ein Schulterblatt. Nachdem die Stellen etwas geändert worden waren und ich den Rohling erneut anprobierte, fragte uns die Frau, während sie erneut einige Stellen am Korsett anstrich, ob wir Röntgenbilder mithätten. Denn sie könnte auf dem Computer leider keine finden. Wir hatten den Ordner nicht dabei, in dem wir meine ganzen Skoliose-Papiere aufbewahrten, also zeigte ich ihr und noch einem anderen Orthopädietechniker mit meinem Handy die Aufnahmen über meinen Blog. Während den Wartezeiten, in denen mein Korsett mehrmals geändert wurde, gingen mein Vater und ich nebenan im Kaufhaus etwas essen oder saßen im Warteraum, wo uns etwas zu trinken angeboten wurde und wir uns mit der Frau an der Anmeldung unterhielten. Sie erzählte uns, dass sie versucht hätten den Raum möglichst für Jugendliche so zu gestalten, dass sie sich willkommen fühlen. Denn die Nachricht ein Korsett tragen zu müssen ist für die meisten, vor allem Mädchen, erstmal ein Schock.

Als es nun schließlich so weit war und alle nötigen Änderungen vollbracht waren, nahm ich mein altes Korsett in die eine und in die andere Hand meine neuen Korsettunterhemden (ich hatte zwei bekommen, da bei der Anprobe während des Übers-Korsett-Ziehens eins zerrissen war, super Quali halt). Ich hatte außerdem wagemutig mein neues "Korsi" an und es war noch sehr ungewohnt, aber ich überlebte die zwanzig-minütige Autofahrt unversehrt. Es war tatsächlich viel leichter, sich an das Korsett zu gewöhnen, wenn man davor schon eins gehabt hatte. Ich konnte auch gleich darin schlafen, allerdings wachte ich am Morgen oft mit geöffneten Schnallen auf, da ich sie in der Nacht wohl unbewusst aufgemacht hatte.

Auf mein neues Korsett folgte ca. eine Woche später mein Geburtstag, also war es wiedermal Zeit, sich etwas vorzunehmen. Die Vorsätze, die meine Skoliose betreffen: jeden Tag mindestens zehn Minuten lang meine Übungen machen und "Marty" fleißig tragen. Der erste Vorsatz will mir leider nicht so gelingen, aber trotzdem werde ich alles geben, um mit meinem voraussichtlich letzten Korsett nochmal das Beste rauszuholen!

Eure Hannah


Marty alias Snow White II



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