Translate

Dienstag, 25. April 2017

Nochmal ein neues Korsett?! - Ein Frühlingsupdate


Lang, lang ist's her. . .

. . . und nun hat mich die Frühlingsgrippe erwischt, so dass ich mal wieder Zeit habe, etwas zurückzuschauen und zu berichten - vor allem, da in den letzten Monaten so viel geschehen ist, dass ich fast gar nicht dazu kam, alles ausführlich schriftlich festzuhalten. Und obwohl sich auf meinem Blog lange nichts gerührt hat, bis auf ein paar kleine Updates hier, war es wohl die bisher aufregendste und erinnerungswerteste Phase meiner Geschichte mit der Skoliose.

Wer meinen Blog von Anfang an mitverfolgt hat, durfte beobachten, wie sich alles Stück für Stück zusammengefügt hat: Als ich im Juli 2011 - nun fast vor sechs Jahren! - kurz nach meiner Diagnose ein Korsett bekam und das einengende Plastikteil für 20 Stunden am Tag tragen sollte, brach für mich zunächst eine Welt zusammen. Damals hätte ich jedoch nie damit gerechnet, dass mein Leben mal so eine Wendung nehmen würde: Ungefähr ein Jahr später lernte ich Natalia kennen, die dasselbe Schicksal wie ich teilte, und die nun schon seit gefühlten Ewigkeiten zu meinen besten Freundinnen gehört. 

Wir erstellten damals unseren gemeinsamen YouTube-Channel Die KorsiSisters - eher aus Spaß, als aus ernsten Absichten - und ich kann manchmal immer noch nicht glauben, dass dieser heute über
Foto: skolioseforum.at
3000 Abonnenten zählt. Wir durften seitdem so viele auf ihre Weise einzigartige Menschen kennenlernen, Orte bereisen, im Internet oder bei Veranstaltungen vor Menschen sprechen, ihnen durch unsere Freundschaft neuen Mut geben und eine Schatzkiste voller Erfahrungen von unschätzbarem Wert an Land ziehen.



Foto: skolioseforum.at
Letztes Jahr war es dann endlich so weit: Nach fast fünfjähriger Korsett-Therapie durfte ich meinen zebragestreiften Begleiter endlich endgültig ablegen und ihn nur noch manchmal zu unseren Skoliose-Projekten anziehen. Nati merkte jedoch bald, dass Schmerzen ihr zu schaffen machten, weshalb sie ihr Korsett wieder öfters trug, während ich versuchte, meinen Verspannungen eher mit muskelkräftigenden Übungen entgegenzuwirken. Dennoch ließen wir uns noch einmal von unserem guten, alten Freund und Helfer Doktor Wilke untersuchen und vereinbarten zudem einen Termin bei unserer Korsettfirma CCtec, wo wir gestern zu Besuch waren. Unsere beiden "Korsis" wurden dort aufgesägt und etwas geweitet, da sie inzwischen eindeutig zu klein sind, aber nach Absprache mit unserem Doc boten uns unsere Orthopädietechniker an, nochmal ein neues Korsett für uns anfertigen zu lassen, damit wir die nächsten Jahre erstmal unsere Ruhe hätten und ungestört unseren Projekten nachgehen könnten. Erst stand ich dem etwas skeptisch gegenüber, da ich meinen "Marty" ja eh noch kaum trage, aber andererseits denke ich mir, dass es doch ein Luxusprivileg ist, wenn unser geliebtes CCtec-Team sich dazu entscheidet, uns zu unterstützen und den Kampf mit den Krankenkassen dafür auszufechten.
In ein paar Wochen haben wir dann unseren Termin zum Ausmessen und ich grübele jetzt schon darüber, welches Muster ich nehmen soll - dass ich nochmal an diesen Punkt komme, hätte ich wahrlich nicht gedacht! :D

Es ist jedenfalls spannend zu sehen, welche Welten sich einem öffnen, wenn man versucht, den Hindernissen in seinem Leben positiv gegenüberzutreten. Natürlich sind manche Entwicklungen schmerzhaft und man wünscht sich, dass alles anders wäre oder wieder so wie "in den guten alten Zeiten" - aber wenn wir ständig nur auf die Vergangenheit blicken, lassen wir die Gegenwart mit all ihren unendlich wunderbaren Möglichkeiten an uns vorbeirauschen. Also, in diesem Sinne - Augen auf und nur mutig voran!


Eure Hannah

Eins ist sicher: Wir werden immer die KorsiSisters sein . . .

. . . egal, ob mit oder ohne Korsett!


Mittwoch, 2. März 2016

1 7 0 0 T A G E . . .


. . . sind vergangen bis hin zu dem Zeitpunkt, seit dem ich mein Korsett nun endlich offiziell ablegen darf. 
1700 Tage, in denen unfassbar viel passiert ist.
Angefangen im Badezimmer meiner Großeltern, wo meine Oma das erste Mal meinen völlig verbogenen Rücken zu Gesicht bekam, dann die schockierende Diagnose und schließlich die Krönung: Die Verordnung zum Tragen eines Korsetts aus hartem Plastik bis zum Ende des Wachstums - oder länger. Ich fiel aus allen Wolken und prallte auf den Boden der Realität, weinte Tränen der Hoffnungslosigkeit und Wut - womit hatte ich das nur verdient?!
Trotz allem versuchte ich mein Bestes zu geben und das Erlebte auf diesem Blog zu verarbeiten, den ich erstellte, um mich von den anfänglichen Schmerzen der Korsett-Therapie abzulenken sowie vielleicht anderen Leidensgenossen dadurch helfen und Mut schenken zu können. Ich kannte zu diesem Zeitpunkt keine Person, der es so ging wie mir, und fühlte mich damit wie der einzigste Mensch auf dieser Welt. 

Alles änderte sich, als ich Nati kennenlernte. Was sie für mich ist, lässt sich nicht in Worte fassen; am besten beschreibt es wohl noch die Bezeichnung "seelische Schwester". Wenn Menschen uns zusammen erleben, denken sie oft, wir wären tatsächlich verwandt, was uns beide immer sehr amüsiert. Uns verbindet neben der Skoliose einfach so unglaublich viel und unsere Erlebnisse könnten sicher ein ganzes Buch füllen, das vor aufregenden und schönen Momenten fast aus allen Nähten platzt. Jede Seite, jedes Kapitel, das wir gemeinsam geschrieben haben, leuchtet selbst bis in die dunkelsten Winkel unserer Vergangenheit hinein und lässt mich alles, was damals geschehen ist, in einem anderen Licht betrachten. Was die Zukunft für uns beide bereithält, steht noch in den Sternen, aber ich bin mir sicher: So lange wir weiterhin Hand in Hand auf der Sonnenseite laufen, werden alle Schatten hinter uns fallen, und viele andere werden diesen Weg mit uns gehen. Inzwischen zählt unser YouTube-Channel fast so viele Menschen, die uns folgen, wie Tage, die mich das Korsett in meinem Leben begleitet hat - ich bin dankbar für jeden einzelnen, all die wunderbaren Leute, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe und jede Erfahrung, die mich zu der Person geformt hat, die ich heute bin. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich meine Wirbelsäule gegen keine andere eintauschen wollen - sie gehört zu mir, genau so wie all die kostbaren Erinnerungen, welche für immer in meinem Herzen verweilen werden.

Was wir mit den Dingen tun, die uns im Leben gegeben werden, liegt allein bei uns. Wir können sie entweder so akzeptieren wie sie sind, daran verzweifeln oder sie in die Hand nehmen und daraus etwas Wunderbares schaffen, etwas, das uns selbst erfüllt und andere Menschen inspiriert. Ich sehe mein Dasein nicht als eine Last, sondern eine Chance an - eine Chance, die Welt ein wenig besser zu machen mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Es ist etwas, aus dem ich jeden Tag aufs neue Kraft schöpfe, Kraft, weiterzugehen, immer weiter. So lange wir nur nicht aufhören, in Bewegung zu bleiben, kann an jeder Biegung des Weges eine Überraschung auf uns warten, die unser Leben innerhalb von Sekunden verändert. Vor dieser Unvorhersehbarkeit sollten wir keine Angst haben, sondern ihr mit offenen Armen entgegentreten und selbst Hindernissen nicht weichen, die sich uns in den Weg stellen. Mit der Zeit werden wir sehen, dass sie sich in innere Stärke verwandeln, wenn wir uns nur nicht von ihnen aufhalten lassen. Irgendwann stehen wir dann am Ende und blicken auf die lange Strecke, die wir zurückgelegt haben, welche erst unüberwindbar schien, nun aber hinter uns liegt.

Doch das ist nicht das Ende der Geschichte - es ist erst der Prolog von allem, was noch kommt!
Wenn du ein Happy End willst, dann warte nicht: Genau jetzt, dieser Moment, ist alles was du hast, und du kannst ihn an dir vorüberziehen lassen oder ihn zu deinem Besten verwenden.

Glaub an dich und sei mutig, denn jeder Atemzug ist wertvoll und kann dich in eine Richtung lenken, in der dir das Leben jeden Tag aufs Neue unglaubliche Wunder schenkt!


Deine Hannah






Dienstag, 4. August 2015

Dresden, blaue Boxen & Asiatenzeichen #wireinander


Als Nati und ich uns am Morgen ihres 17. Geburtstags in unseren gemeinsamen Mailaccount einloggten, ahnten wir noch nicht, was für eine großartige Überraschung dort auf uns warten würde: Wir hatten eine Nachricht von der Firma Endemol Beyond bekommen, welche durch unseren gemeinsamen YouTube-Channel auf uns aufmerksam geworden war. Sie hätten Interesse daran, unsere Geschichte in einem Video mit einem kleinen Kamerateam zu verfilmen, im Rahmen einer Kampagne namens #wireinander der Techniker Krankenkasse.
Doch nun stellte sich die Frage...


Was ist #wireinander eigentlich?

 
Die Idee hinter der Kampagne ist, dass Menschen über gesundheitliche Vorfälle berichten, die ihr Leben grundlegend verändert haben. Bei Nati und mir stellte diesen Wendepunkt die Skoliose dar und unsere besondere Freundschaft, die sich daraus entwickelt hat. Für uns beide war es sehr aufregend, ein Teil des Projekts zu sein, da bereits von bekannten YouTubern wie Julien Bam, Unge, Dner & Co. Videos zu #wireinander gedreht wurden. Dieses Jahr sollte eher auf die Community eingegangen werden und deren persönliche Geschichten, darunter auch unsere. 


Gar Nichz, MrTrashpack, Shortcuts, Dner, Ju, Unge, Allwissend & Ooobacht
 
Die Kulisse der #wireinander-Videos waren verschiedene deutsche Städte, und da für unsere Heimat Berlin schon jemand gefunden worden war, ging es für Nati und mich ins schöne Dresden.
Jedoch gab es bei mir organisatorische Schwierigkeiten, denn ich musste zwischendurch wegen einer Leistungskurs-Klausur nach Berlin fahren. Zum Glück konnte mein Vater uns teilweise hin und zurück kutschieren, da er ein paar Tage die Woche in der sächsischen Hauptstadt arbeitet, was uns einiges erleichterte.
 



Die Drehtage 

TAG 1, Dresden

Nati übernachtete am Vorabend bei mir, und am nächsten Morgen fuhren wir dann zusammen mit meinem Vater nach Dresden.  
Nachdem Nati ins Hotel eingecheckt hatte, erkundeten wir das Elbufer sowie die Alt- und Neustadt, wo wir uns dann in einem sehr guten Restaurant mit hausgemachten Nudeln und Limonade für den bevorstehenden Dreh stärkten.

Die #wireinander-Crew
Einige Stunden später lernten wir im Hotel dann schließlich das Team kennen. Vor unserem Aufeinandertreffen hatten Nati und ich bereits mehrmals mit dem Kameramann Michi geskyped und uns mit ihm ausgetauscht sowie Fragen des Interviews besprochen. Die Mitwirkenden waren alle noch recht jung, humorvoll und trotz des Zeitdrucks und Komplikationen stets gut gelaunt und geduldig, was für eine angenehme Atmosphäre während des Drehs sorgte. Unsere beiden Kameraleute, Michi & Khoi, haben zudem wie ich asiatische Wurzeln, was dazu führte, dass das typische Touristen-Peacezeichen unser aller Insider wurde.✌️ 

Da ich abends wieder mit dem Bus nach Berlin zurückfahren musste, nahmen wir zuallererst meine Schnittbilder auf.
Im Drehbuch stand so gut wie immer, dass ich gerade irgendwo mit dem Longboard langfahren sollte, worüber ich ziemlich erstaunt gewesen war, als ich das Skript zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte. Beim Skypen erklärte mir Michi jedoch, dass er aufgrund unseres Outfit-Videos davon ausgegangen war, dass ich gut Skateboard fahren kann. Wie einige von euch wahrscheinlich wissen, hatte ich jedoch extra für das Video zwei Tage vorher skaten gelernt und noch nie in meinem Leben ein Longboard bestiegen. 

Aber zum Glück gab es die liebe Mira, eine Freundin von mir, die uns behilflich sein konnte: Sie lieh mir ihr wunderschönes Board für die Tage und mein Bruder gab mir ein wenig Unterricht darin, “cool und lässig" darauf auszusehen, was mir mehr oder weniger gelang. Mit meinen paar Stunden Fahrerfahrung ging es dann über die etwas holprigen Straßen von Dresden.
"Fahr möglichst geradeaus." "Ich versuch's..."
Den Rest der Zeit lief ich an Sehenswürdigkeiten vorbei, durfte genüsslich - und unter den Witzen Michis mein Lachen verkneifend - ein Eis verzehren, eine Münze in einen Brunnen hineinwerfen (eine spontane Idee von mir) und nachdenklich in die Ferne schauen. Dabei wurde ich auch das ein oder andere Mal - wie könnte es anders sein - von asiatischen Touristen fotografiert, die wahrscheinlich dachten, ich wäre ein Star aus einer Serie oder so. :D

Zum Abschluss drehten wir noch einige Szenen am Platz vor der Semperoper, an der Nati und ich uns vor laufender Kamera treffen, begrüßen und zusammen weggehen sollten.  Als wir dies im
Begegnung am Opernplatz
Kasten hatten, war der Dreh für den Tag erstmal geschafft.
Danach ging es für mich wieder zurück mit dem Bus nach Berlin, und ich war etwas traurig darüber, den Abend nicht mit unserer #wireinander-Truppe und Nati verbringen zu können, die jetzt essen gehen würden und danach ins Hotel, wo meine KorsiSis ein Einzelzimmer hatte. Jedoch musste ich unwillkürlich grinsen, als mir Nati ein Bild schickte mit den Worten, sie seien in Gedanken bei mir:

#asianpower ❤️



 
TAG 2, Dresden

Auf dem Weg nach Dresden
Während ich also Freitagmorgen eifrig meine Klausur schrieb, verbrachten die anderen den Tag damit, Natis Schnittbilder einzufangen. 
Wir hielten uns gegenseitig auf dem Laufenden, und ich bekam während meiner zweistündigen Busfahrt regelmäßig Neuigkeiten von ihr darüber, wie weit sie gerade waren. 
In Dresden angekommen nahm ich ein Taxi, das ein junger Mann mit starkem sächsischem Akzent fuhr, welcher mich zum Opernplatz bringen sollte. Mein Vater und das #wireinander-Team erwarteten mich bereits, Michi & Khoi standen auf einem gegenüberliegenden, hohen Turm, und winkten mir von oben zu. Leider durfte man von dort nicht filmen, also kamen sie wieder herunter.

Nati überraschte mich außerdem mit einem Geschenk, anlässlich unseres Freundschaftsjubiläums, denn vor genau drei Jahren hatte sie mich das erste Mal im Skoliose-Info-Forum angeschrieben. Ich schloß die Augen und als ich sie wieder öffnete, war mein Hals geschmückt von einer Kette mit einem Edelstein daran, dem Tigerauge. Wir hatten beide nämlich am Vortag die kleinen Stände mit Schmuckstücken bewundert, welche in der Altstadt Dresdens zu finden sind, und Nati hatte für uns beide fast identische ausgesucht. Ich freute mich sehr über die Geste, denn für uns hat der Edelstein eine besondere Bedeutung und gleichzeitig war es ein schönes Andenken an unsere gemeinsamen Tage in Dresden.

Inzwischen hatten sich Grüppchen von Kindern und Jugendlichen um uns herum versammelt, die fast alle mit Longboards und Emoji-Shirts ausgestattet waren. Wir hatten ihre Aufmerksamkeit vermutlich durch die typisch blaue #wireinander-Box auf uns gezogen, welche immer im Hintergrund bei den Kampagnen-Videos ihren Platz einnimmt. Einige von ihnen fragten uns, wo denn Julien Bam sei, ein YouTuber, der die Daten der #wireinander-Tour in einem Video angesagt hatte. Leider handelte es sich um ein Missverständnis, denn er selbst war nicht anwesend. Ein paar schüchterne, kleine Mädchen hatten sogar extra Geschenke für ihn mitgebracht, und da Khoi ein alter Freund von Ju ist und ihn eh mal wiedersehen wollte, nahm er diese an sich, um sie ihm später zu überreichen. 

Trotz allem hatten viele von ihren großen Auftritt: Sie wurden mit der blauen Box in der Hand gefilmt, konnten Fotos damit schießen und ihre persönliche Geschichte auf sozialen Plattformen wie Twitter und Instagram unter dem Hashtag #wireinander teilen. 


Für Nati und mich ging es dann schließlich weiter mit dem Drehen, weshalb wir uns auf zu den Elbwiesen machten. Auf dem Weg dahin wollten Khoi und Michi uns beide filmen, wie wir über eine Brücke schlendern, also stellte ich mein Korsett kurz auf dem Boden ab. Wir waren schon ein Stück gelaufen, als ich auf einmal bemerkte, dass niemand es mitgenommen hatte, und hetzte panisch zurück. Zum Glück war es noch da, nur hatte es ein wenig Gesellschaft bekommen: Eine ältere Frau im Rollstuhl und ihre Begleiterin sahen das mit Zebrastreifen gemusterte Plastikteil verwundert an und ich erklärte ihnen den Zweck, worauf die Frau meinte, sie hätte schon so etwas in der Richtung vermutet.

Am Elbufer angekommen, wurden wir einzeln und zusammen interviewt zu unserer Freundschaft, dem Kennenlernprozess und unserem Weg mit der Skoliose. 

Es dauerte relativ lange zu filmen, da ständig Züge mit lautem Rattern vorbeifuhren, der Wind stark wehte oder ein Eiswagen seine dudelnden Melodien in Dauerschleife abspielte. Der südländische Fahrer sah uns grinsend an und ich zeigte ihm und einigen neugierig herüberschauenden Radfahrern das ✌️-zeichen, worauf sie lachend zurückwinkten.  

Die Sonne stand inzwischen schon ziemlich tief und warf ungünstige Schatten, so dass mein Vater, der fast zwei Meter groß ist, sich längere Zeit als Blende davorstellte, was sehr lustig anzusehen war.  Zusätzlich sponn die Kamera noch etwas herum, was dazu führte, dass mein Gesicht "ausgefressen" aussah (Zitat Khoi), was auch immer das bedeutet... :D

Zum Abschluss improvisierten Nati und ich noch ein wenig für unsere gemeinsamen Szenen, die wirklich sehr schön geworden sind.
Nun war es Zeit, Abschied zu nehmen: Wir umarmten uns alle nochmal ganz feierlich und bekamen eine blaue Box geschenkt. Nati und ich stiegen zu meinem Vater ins Auto und ließen die Fenster herunter, um den vieren beim Wegfahren noch unser Asiatenzeichen zu zeigen, was sie strahlend erwiderten. Jedoch sollte es nicht das letzte Mal sein, dass wir voneinander hörten…
 



TAG 3, Berlin

Einige Wochen später bekamen Nati und ich auf einmal eine Nachricht von Michi, dass die Krankenkasse angeordnet hätte, unsere Interview-Szenen und ein paar O-Töne nochmal neu zu drehen, da man uns an der Elbe akustisch nicht so gut verstanden hatte und es etwas kompakter werden sollte. 

On the way to Endemol
Also machten wir uns auf den Weg zu Endemol Beyond in Berlin-Treptow, wo die liebe Redaktionsleiterin Katja, welche auch mit in Dresden gewesen war, uns bereits erwartete. Sie führte uns ein wenig herum in dem alten Fabrikgebäude, welches gleich neben den Sendern MTV und Nickelodeon stand, und erzählte uns, dass ihr Büro unter dem von Circus Halligalli liegen würde. 
Anschließend setzten wir uns in einen kleinen Raum und wurden mit selbstgebackenen Keksen von Katja versorgt, welche uns nochmal den Ablauf der Fragen erklärte und den neuen Kameramann vorstellte.  
Dieses Mal sollten wir gleich zusammen interviewt werden und beantworteten die Fragen, so gut es ging. Jedoch war es schwierig, sich dabei gleichzeitig fließend und knapp zu äußern, weswegen Katja vorschlug, dass wir einfach mal drauf los erzählen sollten, was wir seit unserer Diagnose alles erlebt hatten. 

Nacheinander berichteten wir also von unseren Erfahrungen und Erinnerungen mit der Skoliose, und ich empfand es irgendwann so, als ob die Kamera gar nicht mehr da wäre und ich alles Katja erzählen würde, die uns ermutigend & verständnisvoll zunickte.
Daraufhin gingen wir zwei Stockwerke höher, wo wir in einem Raum Shooting-Szenen nachstellten, was sehr witzig für alle Beteiligten war. Neben zahlreichen Perücken und Kostümen fanden wir eine Cap mit der Aufschrift „Klaus“, der Vorname unseres Korsettbauers Herr Nahr, was mich und Nati sehr amüsierte. 
Danach gingen wir in das Büro von Katja, an deren Computer wir auch noch einige Szenen filmten. Neben ihr arbeitete gerade ein sympathisch wirkender Typ an einem Video. Er stellte sich uns als Dave vor und animierte uns dazu, seinen YouTube-Channel "Ghostpictures" zu abonnieren. Er ist inzwischen auch ein Fan der KorsiSisters und hat schon das ein oder andere Mal mit lieben Worten unter unseren Videos oder Bildern auf Instagram (@korsisisters) kommentiert. Falls du das hier liest, viele Grüße an dich!

Katja brachte mich und Nati noch hinunter zum Ausgang und wir verabschiedeten uns von ihr. Sie sagte, sie würde uns sofort Bescheid geben, wenn das Video online sei, was sie dann auch tat. Und hier könnt ihr das Endergebnis bewundern:





Einige Szenen wurden leider nicht mit hineingenommen, unter anderem wo ich Longboard fahre, was aber wahrscheinlich besser so ist, da ich mich wohl sonst als ziemlich unfähig entlarvt hätte. :D 
Falls ihr noch ein paar Behind-the-scenes-Aufnahmen sehen wollt, findet ihr hier ein kleines Video dazu von Nati und mir.
Wir beide freuen uns jedenfalls sehr über das Resultat und sind unglaublich dankbar dafür, neben fünf anderen Leuten aus ganz Deutschland ein Teil von #wireinander sein zu dürfen. Wir haben schon viel positives Feedback dazu bekommen und hoffen, dass sich uns in Zukunft noch so einige weitere Türen öffnen werden.


Bis bald,
Eure Hannah


Khoi, Nati, Hannah, Michi, Lisa & Katja (v.l.)

Samstag, 9. Mai 2015

Der aufwendigste & aufregendste VIDEODREH meines Lebens!



Hallo ihr Lieben,

wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, ist ein neues Video auf Natis und meinem Kanal erschienen, in dem wir euch mehrere Outfits für die Frühlings - & Sommerzeit präsentieren - natürlich mit Korsett!
Viele von euch hatten es sich schon lange gewünscht, weshalb wir eine Menge Energie und Liebe dort hineingesteckt haben. Unser Ziel war es, möglichst zahlreiche Stile zu verkörpern, die aber trotzdem alle unserem Geschmack entsprechen. Die Vorbereitungen dafür liefen auf Hochtouren, und wir gerieten während des insgesamt zweitägigen Drehs in viele verrückte, schöne & erinnerungswürdige Situationen, die wir gerne mit euch teilen möchten. Hier also ein Behind-the-scenes-Bericht...

Sobald die ersten grünen Knospen an den Bäumen zu sehen waren, verabredeten Nati und ich uns für die Planung des Videos
Ein paar meiner Outfits
Wir kreierten unsere Outfits und legten deren Drehorte fest, ebenso wie wir sie dort in Szene setzen wollten. Für ein eher sportlicheres Outfit kamen wir beispielsweise auf die grandiose Idee, dass man es ja cool und lässig, auf einem Skateboard fahrend, darstellen könnte. Nur es gab ein Problem: Keiner von uns beiden konnte skaten! Ich hatte mich zwar bereits in der Vergangenheit ein paar mal auf das wackelige Brett meines Bruders gestellt, war jedoch sofort wieder heruntergesprungen, da es mir nicht ganz geheuer gewesen war. Zwei Tage bevor unserem verabredeten Drehtermin packte mich jedoch auf einmal wie aus dem Nichts eine Welle von Entschlossenheit und Ehrgeiz. Ich ließ mich mitreißen, und ohne groß darüber nachzudenken marschierte ich in das Zimmer meines Bruders und fragte ihn, ob ich mir sein Skateboard ausleihen könnte. Zuerst hangelte ich mich in unserem Flur entlang, doch nach einiger Zeit konnte ich schon ein Stückchen fahren. Ermutigt durch den kleinen, aber deutlich spürbaren Fortschritt verbrachte ich fast den ganzen Abend damit, hinter unserem Haus zu üben und bekam einige hilfreiche Tipps vom Profi. An dieser Stelle nochmal vielen Dank an dich, Bruderherz!
Am darauffolgenden Abend traf ich mich mit Nati und zeigte ihr meine bereits erlernten Fähigkeiten. Ich fühlte mich wie beflügelt, da ich meine Angst überwunden hatte und nicht gedacht hätte, dass mir skateboarden so viel Spaß bereiten würde.

Der nächste Tag brach schließlich an und es wurde ernst: Nati und ich schlüpften bereits in unser erstes Outfit, auf dem Rücken trugen wir einen bis zum Rand vollgestopften Rucksack, jeweils eine Tasche auf beiden Seiten, ein Stativ und das Skateboard - und damit ging es dann kreuz und quer durch ganz Berlin. Wir ernteten zahlreiche amüsante Blicke, da wir wohl wie Backpacker auf Weltreise ausgesehen haben mussten.

Luftschacht-Freuden :D
Unser erster Halt war der Potsdamer Platz, ein beliebtes Touristenziel, wo wir in unserem Aufzug auch gut hinzupassen schienen. Auf der naheliegenden Wiese drehten wir die ersten Szenen ab, dann ging es zurück zum Bus. Während wir schwer beladen an der Haltestelle saßen, lief eine Gruppe von einigen jungen Frauen an Nati und mir vorbei, die uns neugierig beäugten. Nachdem sie schon ein paar Meter weitergelaufen waren, sahen wir auf einmal wie sie stehen blieben, miteinander redeten und zu uns zurückkamen. Eine von ihnen sprach mich auf englisch an, und ich ging davon aus, dass sie mich nach dem Weg fragen wollte. Zu unserer großen Überraschung hatte sie aber etwas ganz anderes im Sinn: Sie erklärte mir, dass sie und ihre Freundinnen Modestudentinnen aus den Niederlanden seien, die gerade an einem Streetfashion-Projekt arbeiteten. Ihnen gefiele mein Style und sie würden gerne mein Oufit und meine Schuhe fotografieren, wenn das für mich in Ordnung wäre. Nati und ich sahen uns freudestrahlend an und ich willigte ein. Und man bedenke: Ich hatte gerade mein Korsett an, was das Ganze noch unglaublicher machte. Das war wirklich der beste Start in den Tag, den man sich vorstellen konnte!


Kurz vor dem Fall 
Motiviert durch das positive Erlebnis ging es weiter nach Neukölln. Allerdings ereignete sich dort ein Rückschlag für uns: Unser geplanter Drehort war gerade geschlossen, weshalb wir improvisieren mussten. Also filmten wir stattdessen auf einem leerstehenden Parkdeck die Skateboard-Szenen, was wirklich sehr spaßig war. 
Auch Nati bekamen wir auf das Brett, wenn auch etwas anders als gewöhnlich, aber seht selbst. ;) Einmal fiel ich fast hin, konnte mich jedoch mit meinen Händen noch rechtzeitig aufstützen, so dass ich unversehrt davon kam. Wir schauten uns die kleine Panne noch einmal an und bemerkten, dass ich lustigerweise wie ein Breakdancer dabei aussah, schnitten sie aber heraus, da sie etwas ungünstige Einblicke bot... :D


"Und schmeckt's?" "Jo"
Unser nächster Drehort war die East Side Gallery, wo wir uns in einem Restaurant umzogen. Inzwischen war es ziemlich warm geworden, denn wir hatten zu unserem Glück einen sehr sonnigen Tag erwischt. Andererseits ist wohl auch jedem Korsettträger bekannt, dass es nicht gerade angenehm ist, ein sich schnell erhitzendes Plastikteil bei so einem Wetter zu tragen...


Unser letzter Schauplatz des Tages war die Oberbaumbrücke
Die Batterie unserer Kamera ermüdete langsam, weshalb wir etwas in Hektik gerieten. Nachdem wir alle unsere Outfits abgedreht hatten, bemerkten wir einen Mann, der unter der Brücke saß und Rhythmen trommelte. Wir kamen auf die Idee, dass es lustig wäre, ihn auf unseren Korsetts zu begleiten, da diese ja aus einem harten Material bestehen und sich somit gut dafür eignen. Nati und ich sind beide eher schüchterne Menschen, weshalb wir erst unsicher waren, ob wir ihn fragen sollten. Schließlich überwand ich mich jedoch und sprach ihn an. Er schien sehr erstaunt, da er davor noch nie so etwas wie ein Korsett gesehen hatte, aber ließ sich darauf ein. Ich ging also wieder zu Nati, die gerade die Kamera wechselte, da unsere andere nun ihren Geist aufgegeben hatte. Uns sprach zur gleichen Zeit ein deutsches Ehepaar an und fragte nach dem Weg. Wir berieten die beiden und sie erklärten sich anschließend dazu bereit, uns beim Trommeln zu filmen. 

Nach dem dritten Anlauf und diversen Fehleinstellungen der Kamera hatten wir die Szene schließlich im Kasten, welche uns beiden und dem ebenfalls freudestrahlenden Trommler großes Vergnügen bereitet hatte. Wir verabschiedeten und bedankten uns herzlich bei ihm, worauf er meinte, dass er uns morgen gerne wieder zur Verfügung stünde, falls die Szene doch noch nicht perfekt sein sollte. :D
Zu Hause angekommen fiel ich erstmal erschöpft in mein Bett, war jedoch glücklich und zufrieden. Die Anstrengungen des Tages waren es wert gewesen und ich hatte aufs Neue gelernt, meine Ängste zu überwinden und mich einfach in etwas Neues hineinzustürzen, was zwar einerseits ungewiss, andererseits aber auch sehr aufregend gewesen war.

Die restlichen Outfits filmten wir ein Wochenende später in der Nähe von Potsdam, wo Natis Vater wohnt. Hier nutzten wir so gut wie alles, was die Brandenburger Flora und Fauna zu bieten hatte. Der Himmel war an diesem Tag leider oft bedeckt und wir hatten meist nur wenige Sekunden Zeit, um eine Szene zu drehen. Zusätzlich wehte ein kalter Wind, welcher uns das ein oder andere Mal Gänsehaut verpasste. 
Doch auch hier überstand ich - im wahrsten Sinne des Wortes - meine Bedenken und Ängstlichkeiten: Nati half mir mit einer Räuberleiter auf den Baum in ihrem Garten, indem ich eine gefühlte halbe Stunde auf die Sonne wartend verbrachte. 
"Den Finger an den 2. Bund." "Da ist kein Bund?!" :D
Ich zeigte Nati außerdem ein paar Akkorde auf einer sehr verstimmten Gitarre, aber ich finde, man merkt ihr gar nicht an, dass sie diese erst seit ein paar Minuten spielen konnte - in der Tat sehr professionell gemeistert, meine KorsiSis!

Nun ging es weiter zum See: Ich lieh mir das Fahrrad von Natis Vater aus, dessen Sattel viel zu hoch für mich war, weshalb ich das ein oder andere Mal ordentlich schwankte und beinahe umfiel. 

Der Akku zickte zusätzlich erneut herum, weshalb wir uns wieder sehr beeilten. 
Zum Glück hatten wir danach noch etwas Zeit, ihn wieder aufzuladen, und abends fuhren wir dann zu einem Feld, wo wir unsere letzten Oufits abdrehten. Die Sonne schien sich weiterhin vor uns zu verstecken und wir beide hatten etwas Bammel, dass Zecken zwischen den pieksenden Halmen auf uns lauerten, jedoch überstanden wir alles mit ein paar Kratzern und fingen einige schöne letzte Aufnahmen ein.

Sooo, nach diesem ausführlichen Bericht habt ihr einen hoffentlich interessanten Einblick bekommen in unsere erlebnisreichen Drehtage. Wir hoffen sehr, dass euch das Endergebnis gefällt. Wenn ja, werden wir auf jeden Fall einen zweiten Teil mit Herbst/Winter Outfits einplanen. Nati und ich sind sehr gespannt auf euer Feedback. :) Hier seht ihr das fertige Video: https://www.youtube.com/watch?v=BczGEhbf-bw


Viele Grüße,
Eure Hannah