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Freitag, 31. August 2012

Achtzehn Stunden und Erinnerungen - mein dritter Kontrolltermin


Am Montag, dem 27. August 2012, war mein dritter Kontrolltermin im Krankenhaus.
Um es vorneweg zu nehmen: Ich trage immer noch ein Korsett - und das wird sich in den nächsten Jahren wohl nicht so schnell ändern (wovon ich auch nicht ausgegangen bin). Aber erstmal von vorne. . .

Um 12:40 Uhr (also nach fünften Stunde), hat mich mein Vater, aufgrund meines Termins um 13:45 Uhr, von der Schule abgeholt. Wir hatten erstmal Sorge, dass wir das Krankenhaus nicht so schnell finden, weil wir uns nicht mehr genau daran erinnern konnten, wie wir letztes Mal gefahren sind.
Doch wir sind sogar eine Dreiviertelstunde zu früh gekommen.
An der Anmeldung, wo zwei Krankenschwestern saßen, meinte eine, dass es im Moment ziemlich voll ist und wir noch in Ruhe einen Kaffee trinken gehen könnten.
Also haben wir uns in die neu renovierte und ausgebaute Cafeteria gesetzt und etwas zu Mittag gegessen. Mein Vater trank noch einen Kaffee und wir gingen wieder nach oben. Wir warteten also und warteten... als auf einmal die eine Krankenschwester an der Anmeldung meinte, dass der Arzt gerade in die OP gegangen sei und uns fragte, ob wir bei jemand anderem die Kontrolle machen wollen. Wenn nicht, könnten wir auch zuerst zur Korsett-Werkstatt gehen. 

Um nicht wie letztes Mal den Chef-Korsettbauer zu verpassen, gingen wir also zuerst runter in die Werkstatt, wo wir so 10-20 Minuten warten mussten, was für die Verhältnisse da eigentlich ziemlich wenig ist. Aber es war auch ein Montag, normalerweise kommen am Mittwoch immer die ganzen Jugendlichen und Kinder mit Korsetts zur Kontrolle. 
Da ich aber an meinem eigentlich Kontrolltermin-Tag in Frankfurt war, mussten wir ihn auf diesen Tag verlegen.

Der Chef-Korsettbauer kam ins Wartezimmer und mein Vater und ich folgten ihm. Er sah sich mein Korsett an und meine Haltung und erkannte alle "Fehler" sofort auf einen Blick. Dann sagte er zu uns, er wolle das Korsett schnell ändern gehen, und mein Vater und ich warteten so lange.
Als ich mein Korsi schließlich wieder anzog, fühlte sich das etwas ungewohnt an, denn besonders am Becken war es um einiges geändert worden. 
Der Korsettbauer meinte, wenn ich noch irgendwelche Beschwerden haben sollte, könnte ich nach der Kontrolle beim Arzt wieder herkommen.

Da wir noch Zeit hatten, bat ich meinen Vater mit mir auf die Station zu gehen, wo ich vor einem Jahr den viertägigen stationären Aufenthalt zur Gewöhnung an das Korsett verbracht habe . 
Sie besteht aus ein paar Gängen, die in einem Viereck um den sogenannten Olivenhain herumführen, der eine Mischung aus Wintergarten und Hof ist, mit einem Glasdach -  innerhalb des Krankenhauses.
Mein Vater sagte, er würde draußen (also vor der Station) warten. 
Ich machte ein paar vorsichtige Schritte hinein... und mein Blick kreuzte sich mit dem einer Krankenschwester (im typischen rosaroten Oberteil). Sie war schlank, hatte blond gefärbte Haare und in eine aufwendigen Flechtfrisur einige Blumen hineingesteckt. Am Bein hatte sie ein kleines Tattoo. 
Ich erkannte sie sofort und eine Welle von Erinnerungen prasselte auf mich nieder. Damals, vor einem Jahr,  war sie auch schon auf der Station gewesen und hatte mich und meine kleine Korsett-Freundin immer liebevoll "Schneckchen" und "Mäuschen" genannt.
Als einmal ein Gewitter während unseres Aufenthalts im Krankenhaus losbrach, erzählte sie uns, dass sie als Kind und jetzt immer noch schreckliche Angst vor solchen Stürmen hätte, seit sie einmal miterleben durfte, wie ein Blitz in den Baum neben dem Haus ihrer Großeltern einschlug und er in Flammen aufging.
Am letzten Abend im Krankenhaus untersuchte sie die malvenfarbenen Flecken von den Druckstellen des Korsetts bei mir und meiner Freundin. Die Krankenschwester umarmte sie und sagte "Auf Wiedersehen, Schneckchen" und als wir uns verabschiedeten, fiel ich ihr ebenfalls um den Hals.
Sie wünschte uns alles Gute und am nächsten Tag wurden wir entlassen. 

Ich weiß nicht, ob sie mich wiedererkannt hat, denn damals hatte ich lange Haare, jetzt trage ich einen kinnlangen Bob.
Es war auch nur ein Bruchteil einer Sekunde, in dem wir uns ansahen - dann rannte ich zu meinem Vater..


Wir gingen zurück ins Wartezimmer und als ich schließlich drankam, wurde ich vermessen (jetzt bin ich stolze 1,76cm groß) und der Arzt sah sich meine Wirbelsäule an. 
Er sagte, dass sich die Skoliose seit dem letzten Mal nicht verschlechtert hätte und relativ gleichgeblieben wäre . 
Aber das ist gut, da ich seit dem Kontrolltermin im Februar um 1,5 cm gewachsen bin. 

Und noch eine frohe Botschaft: Ich darf das Korsett jetzt 18 Stunden tragen!!! Also zwei Stunden weniger als davor! 

Da das Korsett am rechten Beckenkamm unangenehm drückte, gingen wir noch einmal runter in die Werkstatt und meldeten uns an. Als der Korsettbauer hereinkam, nahm er uns kurz mit in den Gang und zeigte mir, wie ich richtig mit dem Korsett laufen sollte, denn ich würde mich noch zu sehr in eine Seite reinhängen.
Das durchsichtige Plastikteil an meinem rechten Beckenkamm sollte sich außerdem - laut dem Korsettbauer - wegen der Körperwärme noch etwas verformen. Dann dürfte es nicht mehr so drücken.

In drei Monaten gehe ich wieder ins Krankenhaus. Allerdings nicht wegen einem Kontrolltermin, sondern weil das Korsett (der Arzt hat es prophezeit!) mir da voraussichtlich nicht mehr passen wird. Denn meine Hüfte wird in meinem Alter ja bekanntlich breiter und das Korsett wird deshalb nach oben gedrückt. Deshalb soll es im November also nochmal geändert werden.
Und - jetzt kommt's! - wir haben den Termin auf denselben Tag wie Natis Kontrolltermin gelegt! Das kommt dadurch, dass wir zum selben Krankenhaus gehen und das super gepasst hat, da ich dort in drei Monaten wieder hin muss und sie auch.
Das heißt: Wir können zusammen warten, in der Cafeteria etwas trinken und in den Olivenhain bzw. auf unsere alte Station gehen. 
Dann werde ich nicht einfach kehrtmachen - und vielleicht sehe ich ja meine alte Krankenschwester wieder?



Sonntag, 26. August 2012

Little Broken Hearts & Korsi-Sisters


Das Leben ist wie eine Achterbahn.
Dieser Spruch traf meins in den letzten Tagen ziemlich genau . 
Nur, dass es nach einem Hoch sehr schnell und tief bergab ging. Am schlimmsten ist es, wenn an einem solchen Berg-ab-Tag am Morgen noch alles gut war und sich gegen Mittag eine Menge schlechter Dinge zusammenbraut. Und dann Richtung Abend noch mehr zusammenkommen. 
Und irgendwann ruckelt der Waggon und es geht rasant nach unten, und du kannst nichts dagegen machen. Nur hoffen, dass dich jemand auffängt, wenn du fällst. Und ein Glück haben mich einige Paar Hände aufgefangen und waren eine echt große Stütze . 
Ihr wisst, wer ihr seid, und ich danke euch sehr dafür. 

Gestern habe ich mich zum zweiten Mal mit Nati, meiner "Korsett-Freundin", getroffen. Sie ist mir inzwischen unglaublich wichtig geworden, denn sie hat immer ein offenes Ohr für mich und wir verstehen uns super.
Das erste Mal war ganz spontan, wir sind zu der essence-tour gegangen. Als Hauptpreis konnte man sich da in zehn Sekunden so viel Nagellack nehmen wie man will. Bei uns hat's nur zum Trostpreis gereicht, der aber auch noch ganz gut war. Der essence-Bus hatte eine Stunde Verspätung, weshalb Natis Freundinnen schon früher gehen mussten, aber wir hatten noch ein bisschen Zeit, um zu reden und uns sozusagen persönlich kennenzulernen. 
Zwischen unseren Treffen haben wir zweimal geskypt und uns weiterhin bei Facebook ausgetauscht. Gestern waren wir am Neuen See Pizza essen und bootfahren. Dabei kam es zu ein paar witzigen Erlebnissen, beispielsweise als wir gerade zurück gerudert sind, ist eine Frau ins Wasser gefallen und hat sich darüber totgelacht, als sie am Steg saß. 
Ein Mann in einem anderen Boot meinte darauf zu uns: "Nicht nachmachen!"

Als wir bei mir zu Hause waren, hat Nati mir den Anfang von "A River flows in You" auf dem Klavier beigebracht. Das Lied kennen wir aus einem Video auf Youtube, in dem ein Mädchen von der OP an ihrer Skoliose erzählt. 

Sie hat noch bei uns zu Abend gegessen und wir haben durchgeknallte Fotos von uns gemacht, bei denen wir uns vor Lachen gar nicht mehr einkriegen konnten. 
Aber auch welche von unseren "Korsis" (Korsetts).
Sie sehen von der Form her ziemlich identisch, nur meins ist weiß und Natis hat ein Muster.

Uns verbindet neben der Korsetts und der Skoliose einfach so viel. Ich bin sehr glücklich, dich kennengelernt zu haben, Nati. 
Danke für alles.

Und morgen, also am Montag, ist mein Kontrolltermin im Krankenhaus. 
Da wird sich zeigen, um wie viel sich die Skoliose verbessert hat und das Korsett wird wahrscheinlich auch geändert. Drückt mir die Daumen!

Eure Hannah






Montag, 20. August 2012

Berliner Hitze und Korsett-Schwestern


Eine schwirrende Hitze liegt über Berlin.
Ich glaube, es geht allen Korsett-Trägern im Sommer so wie mir: unter dem Plastikding wird es schnell zu heiß, das Unterhemd ist ziemlich durchnässt und klebt am Körper und um ein bisschen zu "lüften" man muss das Korsett aufmachen oder ganz ausziehen, wobei man den verschwitzten Stoff leider noch deutlicher spürt.
In den ganzen Sommerferien war das Wetter echt mau, und jetzt, nachdem die zweite Schulwoche überstanden ist (die ich hauptsächlich zu Hause verbracht habe, aufgrund eines Virus-Infekts), schlägt die Hitze mit 34°C zu.
Wie soll man da bitte einen kühlen Kopf bewahren, zumindest außerhalb des Unterrichts?


Hier ein paar Vorschläge (falls ihr noch nicht selbst drauf gekommen seid): 

- Abkühlen im See oder Freibad
- Eis essen
- zu Hause bleiben und den Riesenventilator anmachen, der die ganzen Ferien in der Abstellkammer vor sich hin gestaubt hat.

Ich für meinen Teil war heute (nach den aufgrund der Hitze verkürzten Schulstunden) mit meiner besten Bonnie erstmal am Ku'damm, wo wir uns bei FroYoCake einen Frozen Yogurt geholt und dort im Schatten gegessen haben. Es war eine echte Wohltat!
Aber wir können aufatmen: Im Laufe der Woche soll sich die Luft etwas abkühlen, aufgrund von einigen Regenschauern.


So, nun genug zum Thema Wetter!
Im Internet gibt es ein Forum für Leute die Skoliose, Kyphose oder andere Rückenprobleme haben und sich dort austauschen, Fragen stellen oder ihre Geschichte erzählen können. Dort sind vor allem sehr viele User in meinem Alter und mit denen ich regelmäßig schreibe .
Mit meiner "ältesten" Skoliose-Freundin, Nati, bin ich seit einiger Zeit auch auf Facebook befreundet und wir tauschen uns regelmäßig aus. Wir sind gleich alt, fast gleich groß, haben jeeeede Menge Gemeinsamkeiten und verstehen uns super. Sie wohnt außerdem nicht weit entfernt von mir und kommenden Samstag haben wir uns zum persönlichen Kennenlernen verabredet. Ich bin schon sehr gespannt auf meine "Korsi-Sis", wie wir uns gegenseitig nennen. 

Wir hatten neulich die Idee, zusammen nach Bad Sobernheim zu fahren, einem Kurort, in dem sehr viele Leute, unter anderem mit Skoliose, eine mehrwöchige Reha machen. Als ich das erste Mal von "Sobi" gehört habe, hat mich das Grauen gepackt: Etwa vier Wochen lang jeden Tag mehrere Stunden intensiv Krankengymnastik machen, von Leuten umgeben, die ich gar nicht kenne? Doch im Forum gibt es sehr viele positive Erfahrungsberichte . So gut wie allen, Jugendlichen wie Erwachsenen, hat es total geholfen. Seitdem sie da waren, machen sie schon automatisch jeden Tag ihre Übungen und haben dort dazu supernette Leute kennengelernt. Und deshalb versuchen Nati und ich, zur gleichen Zeit einen Platz in Sobernheim zu bekommen. Denn zu zweit macht alles noch mal mehr Spaß!

Tja, und genau in einer Woche ist der halbjährige Kontrolltermin im Krankenhaus angesagt. Drückt mir die Daumen, dass sich meine Skoliose schon sehr verbessert hat und ich das Korsett nicht mehr lange tragen muss!


Links


Sonntag, 5. August 2012

Happy Birthday, Korsett - Goodbye, Sommerferien

So, nach über einem Monat gibt’s endlich wieder einen neuen Post! 
Auch Bloggerinnen brauchen nämlich mal Urlaub. ;)
Seit ich das letzte Mal etwas geschrieben habe, ist einiges passiert. Denn am 5. Juli 2012 war mein 1-jähriges Korsett-Jubiläum. Das bedeutet: Vor einem Jahr und einem Monat habe ich es bekommen. Damals hatte ich einen viertägigen stationären Aufenthalt im Emil-von-Behring-Krankenhaus, Berlin. Dort sollte ich mich an das Korsett gewöhnen und konnte es auch jederzeit bei Beschwerden in der Werkstatt ändern lassen.

In dem einen Jahr, seit ich meinen "Panzer" bekommen habe, habe ich gelernt, mit ihm umzugehen und ihn in meinem Leben zu akzeptieren. Denn ich wusste damals, dass das Korsett jetzt Teil meines Lebens ist. Allerdings habe ich in dieser Zeit viele nette Leute kennengelernt, mit denen ich regelmäßig schreibe und welchen es ebenso geht wie mir.
Da das Korsett mich rund um die Uhr begleitet, ist es nun eigentlich wie ein Freund geworden (auch wenn das jetzt so Forever-Alone-mäßig klingt). Außerdem habe ich (Gott sei dank!) schon lange keine Schmerzen mehr, wenn ich es trage .


Mein Korsett hat sich - genau wie ich - verändert. Oben seht ihr einen Vergleich, wie es damals aussah und wie jetzt, nach einem Jahr.


So, vielleicht wollt ihr jetzt wissen, wie ich meine Sommerferien verbracht habe. Also erstmal war ich für 15 Tage in Frankfurt bei meiner Cousine und ihrer Familie. Dort habe ich auch mein "Jubiläum" verbracht. Es war eine schöne Zeit, die wie im Flug vergangen ist, denn da war nämlich auch schon die Hälfte der Ferien um. Nach einer schönen Rügen-Reise mit meiner Familie, bin ich in der fünften Woche mit meinen zwei besten Freundinnen, Bonnie & Em, Ems kleiner Schwester, ihrer Mutter und ihrem Hund an den Tegernsee in Bayern gefahren. Dort haben wir wirklich schöne sieben Tage zusammen in einer Ferienwohnung verbracht. Ich denke, der gemeinsame Urlaub hat uns noch fester zusammengeschweißt. Danke für die tolle Zeit mit euch!

Tja, und morgen fängt die Schule wieder an. Ich hoffe, wir haben oft Hitzefrei. Im September geht's dann auf Klassenfahrt.
Und an alle, die am Montag nicht wieder in der Schule hocken müssen: 
Ich wünsche euch schöne Ferien!

Eure Hannah